Am 18. Juni stand eine sehr potente Unwetterlage in der breiten Mitte Deutschlands an. Von Süden wurde zum ersten Mal diesen Sommer Luftmassen mit Taupunkten über 18 Grad Richtung Norden geführt und gleichzeitig strömte von Nordwesten kühlere Luft ein. An der Luftmassegrenze sollten nach Modellberechnungen in einem sehr gut gescherten Umfeld in mehreren Staffeln ab den Nachmittagsstunden kräftige Gewittersegmente und Superzellen entstehen und gen Osten/Nordosten ziehen. Auch die Energiewerte waren mit ca. 1500J/kg durchaus passabel. Um halb 12 ging es für mich los über die A7 über Würzburg/ Fulda in Richtung Kassel. Während der Fahrt kam von Frankreich ein erster Gewittercluster über das Rhein/Main Gebiet Richtung Kassel gezogen. Bis dato war die Entwicklung, welche an der Warmfront auf der Südseite der Luftmassengrenze entlang zog, nicht sehr eindrucksvoll. Erste Erinnerungen vom Totalfail meines Level 3 Chases am 22.06.2024 wurden wach. Zwischen Fulda und Kassel bemerkte ich dann eine deutliche Verstärkung des Südteils und erkannte erste Böenfrontansätze im Westen. Um ideal zur Zugbahn verlagern zu können bog ich bei Bad Hersfeld ab auf die A4 in Richtung Eisenach. Es war zu Erwarten, dass diese Zelle sich in dem nun gut gescherten Umfeld zu einer Superzelle entwickeln wird. An meinem ersten Halt etwas nordöstlich von Bad Hersfeld hatte ich dann diese Zelle vor mir, welche deutlich begann nicht mehr mit der Höhenströmung mitzuwandern, sondern verlangsamte sich etwas und scherte mehr in meine Richtung aus. Es kristallisierte sich ein schöner Aufwind mit einer schicken Wallcloud darunter heraus.





Nach diesen Aufnahmen ging es schnell weiter zurück auf die Autobahn und Richtung Osten. Beim Erreichen der Autobahn war die Böenfront schon über mir und man sah, wie der Niederschlagskern die hügeligen Wälder hinter mir bereits verschluckt hatte. Auf dem Weg nach Eisenach gab es vorweg überall Neuauslöse und es begann flächig zu regnen. Deshalb machte ich mir zu diesem Zeitpunkt keine Hoffnungen mehr, dass sich diese Zelle auf ihrem Weg in die Richtung der Neuauslöse noch weiter durchsetzen kann. Bis Erfurt stand ich dann wieder im Trockenen und hatte, wie fast schon zu erwarten, eine eher unstrukturierte Linie, die am Auslaufen war. Bei meinen Teamkollegen die in Nordsachsen verteilt warteten und mir machte sich langsam Frustration breit, da es zu diesem Zeitpunkt wieder einmal nach einem Flopp unter vermeintlich gutem Setup aussah. Ganz zu schweigen von der langen Anfahrt, Spritgeld usw.. Genau in diesen Minuten entwickelte sich jedoch bei Bad Kissingen an der Rhön eher unscheinbar binnen weniger Minuten eine starke Superzelle, welche munter Richtung Sachsen (Raum Plauen, Schleiz) losmarschierte. Auch ein deutlicher Hageltrack zog die Zelle. Da vorerst nicht von Abschwächung der Zelle auszugehen war, fuhr ich im Eiltempo über Jena in Richtung Schleiz. Knapp nördlich bog ich ab in Richtung Plauen und fand einen guten exponierten Standort, von wo aus ich die Superzelle schön auf mich zukreiseln lassen konnte. Die Charakteristika deuteten ganz klar auf eine LP- Superzelle hin.







Beim Versuch mich vor der Zelle zu halten musste ich über Plauen zurück auf die Autobahn Richtung Stollberg/Chemnitz. Leider musste ich durch die Innenstadt fahren und verlor dadurch viel Zeit. Auf der Autobahn kam ich kurzzeitig in den Hagelkern und fuhr die nächste Ausfahrt schnell wieder ab Richtung Osten. Dort konnte ich nochmals kurz ein paar Aufnahmen unter dem Aufwind machen, bevor ich mich südwestlich von Stollberg überrollen lies.


In Moment dieser Aufnahme war ein lautes Rauschen aus dieser Richtung zu hören. Dies wurde durch den fallenden Hagel gepaart mit Sturmböen verursacht.
Nachdem die Zelle über mich gezogen war, positionierte ich mich auf einer Anhöhe, um die traumhaft schöne Rückseite der Zelle zu dokumentieren. So klar und freistehend hat man das auch nicht alle Tage. Dazu noch der tolle Regenbogen im Niederschlagskern. Einfach nur WOW!





Während die Zelle abzog verabredete ich mich mit einem Teil des Teams für einen kurzen Plausch in Stollberg. Dort bemerkten wir, dass sich explosionsartig neue Entwicklungen im Norden vom Thüringer Wald gebildet haben. Speziell der südliche Teil scherte dabei sofort Richtung Osten aus und nahm eine Zugbahn über Jena Richtung Gera ein. Jetzt musste es schnell gehen. Wir brachen unseren kurzen Stopp schnell ab und fuhren in Richtung Gera. Die Radarsignaturen der Zelle wurden immer beeindruckender und in der Ferne wurden erste Strukturen sichtbar. Was sich in der nächsten Stunde dann passierte, wird wohl allen noch lange in Erinnerung bleiben.
Ich lasse hier einfach mal die Bilder sprechen.
















Über die A4 ging es dann wieder zurück Richtung Chemnitz mit einem kurzen Zwischenstopp etwa in der Mitte.


Kurz vor Chemnitz hatte die Superzelle dann schon an Mächtigkeit verloren, die Strukturen waren dort aber nicht weniger spektakulär.







Nach diesen genialen Minuten machte ich mich langsam auf den langen Heimweg. Es kamen bis spät Abends immer noch Zellen aus dem Westen nachgezogen. Eine tolle Shelfcloud und ein paar Blitze hatte ich dann nochmals bei Stollberg erwischt. Dies war auch der letzte Stopp bevor es gen Heimat ging.




Ein ausführliches Video zu diesem denkwürdigen Tag findet ihr wie immer auf YouTube über diesen Link: