Superzelle bei Horb am Neckar
Am Nachmittag des 5. Septembers ging für mich ca. gegen 14:00 Uhr los in Richtung Freudenstadt/Ortenau, da in diesem Gebiet nach den neuesten Berechnungen mehrere diskrete Entwicklungen angedeutet wurden. Aufgrund der Gegenstromsituation sollte mit zusätzlicher Unterstützung der Orografie von Alb und Schwarzwald im oberen Neckar die ein oder andere organisierte Zelle möglich sein.

Kurz vor Freudenstadt bei Schopfloch hieß es dann erstmal abwarten auf erste Auslöse. Diese ließ auch nicht all zu lange auf sich warten und es ging klassisch an der Albkante zwischen Spaichingen und Balingen ein erster kräftiger Impuls hoch. Von weitem war bereits der Aufwind der Neuentwicklung zu erkennen und das davorliegende Windfeld sah meiner Einschätzung nach ganz passabel aus. Da sich die Zelle zwar von Radarloop zu Radarloop immer mehr verstärkte, aber zunächst kaum von der Stelle kam entschied ich mich frühzeitig wieder etwas in Richtung Neckar/A81 nach Seebronn zwischen Horb am Neckar und Rottenburg zu fahren. Schon auf dem Weg dort hin sah man wie kräftig und dominant die Entwicklung war. Neue Vorauslöse wurde von Norden durch den kräftigen Inflow direkt von der Hauptzelle eingesaugt und aus dem Dunst erkannte man langsam einen tiefer gehenden Arcus.

Kurz nach der A81 südlich von Seebronn fand ich eine freie Fläche um die von Hechingen aufziehende Zelle zu beobachten. Besonders auffallend waren die ins Zentrum gerichteten Inflowbänder. Ein weiteres Indiz dafür, dass sich die Zelle eher noch verstärkt.


Auch an der Unterseite ging es immer turbulenter zur Sache was man gut an den scharf gezeichneten Strukturen erkennen konnte. Hier mal ein Radarbild von kachelmannwetter.com zum aktuellen Zeitpunkt.



Mittlerweile stand ich schon unter dem Aufwind und plante eine Route nach Nordwesten. Unter der A81 durch ging es auf selber Strecke wieder zurück nach Baisingen. Schon auf dem Weg dorthin pumpte sich die Zelle so richtig auf und ein Mutterschiff mit beeindruckender Optik schälte sich heraus.






Das ich so einen Anblick im September nochmal erleben darf hätte ich bis wenige Stunden davor auch nicht für möglich gehalten. Aber man sieht eben immer wieder, dass im Umfeld der Alb die Scherungsbedingungen bei passender Anströmung für Zellen extrem günstig sind. Es war auch mit Abstand die Stärkste Zelle, welche an diesem Tag entstanden ist. Bei diesem Aufzug muss man auch trotz vorangeschrittener Jahreszeit mit Großhagel bis um 5cm rechnen. Daher hieß es schnell weiter und nach einem Unterstand suchen.
Einmal kurz vor Mötzingen hatte ich dann nochmals einen tollen Standort gefunden. Sogar ein Sonnenblumenfeld war vorhanden. Mehr Glück kann man wirklich nicht haben. Das Feld wurde natürlich direkt als Vordergrund genutzt.






Jetzt musste es schnell gehen. Als Unterstand hatte ich eine Tankstelle im links zu sehenden Industriegebiet von Mötzingen auserkoren. Von dort ließ ich mich Überrollen, da danach eine Route vorne dran durch die tiefen Täler und bewaldete Region um Nagold geführt hätten. Beim Durchzug gab es kräftige Sturmböen Starkregen und in mehreren Schüben Hagelschlag bis an die 3cm. Ca. 1km südwestlich von dem Standort der letzten Aufnahme gab es vereinzelt Hagel bis 4cm. Diese habe ich später nach Analyse der Hageldaten dann in der Umgebung gesucht und wurde fündig.
Kurzer Exkurs zum Thema Hagelwachstum


Es war interessant zu sehen wie unterschiedlich die Hagelschlossen ausgesehen haben. Dies liegt an den verschiedenen Prozessen, welche zu Hagelwachstum führen können. Manche Körner legen radial an Größe zu, indem sich immer wieder eine neue Wasserschicht um den Kondensationskeim anlagert und in größeren Höhen gefriert. Andere sogenannte Konglomerate entstehen durch das Kollidieren mehrerer kleiner Hagelkörner, welche durch den Wassereintrag in den unteren Aufwindbereichen in der Höhe zu größeren Klumpen gefrieren. Durch den guten Kontrast auf der schwarzen Motorhaube kann man diese Wachstumsarten gut erkennen und nachvollziehen. Besonders bei den radial gewachsenen Körnern kann man anhand der verschiedenen kreisförmigen Konturen erkennen, wie oft das Korn einen Zyklus durchlaufen hat. Klare Schichten sprechen für eine Phase, als das Korn durch eine sehr wasserhaltige Schicht im Aufwind/Abwind geschleudert wurde und die helleren/weißeren Anteile sind auf viele kleine Luftbläschen zurückzuführen. Hier war der Wassergehalt deutlich geringer und es kommt durch die Kollidierung verschiedener Körner, Wassertropfen (auch unterkühlt) zu diesen Lufteinschlüssen, die auf uns durch die Lichtstreuung weiß (allgemein heller) erscheinen.
Zum Abschluss noch ein Radarbild zum Höhepunkt der Superzelle und der dazugehörige Hageltrack von kachelmannwetter.com. Dort erkennt man gut wie die Zelle genau bei Mötzingen den größten Hagel geschmissen hat.


Auf YouTube gibt es wie immer eine ausführliche Zusammenfassung des Chasings mit den besten Momenten in Videoformat: